Die Kunst mit Innovationen zu jonglieren

Quelle: Adobe Stock

Obwohl ich glaube, meine Stadt gut zu kennen, bin ich positiv überrascht auf Angebote von Menschen meiner Region zu stoßen, die mir völlig neu sind.

Die Zirkuswerkstatt Pforzheim e.V. ist so ein Beispiel. Hier fanden sich 2013 einige Mitarbeiter und Freunde des Zirkus Globulini (Schulzirkus der Goetheschule Pforzheim) zusammen, um den ersten Pforzheimer Zirkusverein zu gründen.
Als Kind und auch noch heute staune ich über das Können der Akrobaten und Künstler. Jonglieren ist eine Disziplin davon, bei der meine Augen stetig nach der richtigen Blickrichtung suchen.

Dr. Peter Kreuz, SPIEGEL-Bestsellerautor und Experte für Erfolg im Umfeld von Digitalisierung, Disruption & tiefgreifenden Veränderungen beschreibt, was wir vom Jonglieren für das Leben und den Unternehmenserfolg lernen können.

Lektion Nummer 1: Werfen ist wichtiger als Fangen
Als Anfänger glaubt man, dass das Entscheidende beim Jonglieren das Fangen der Bälle sei. Beobachtet man Leute, die Jonglieren lernen, wird genau das offensichtlich: Sie machen alle möglichen Verrenkungen, um die Bälle zu fangen. Wer aber den Könnern zuschaut – beispielsweise in der Fußgängerzone, der erkennt, dass deren gesamter Fokus auf dem gleichmäßigen In-die-Luft-werfen liegt.

Die Fähigkeit, gut werfen zu können, hat zur Folge, dass sich das Fangen praktisch von selbst erledigt. Wer hingegen seinen gesamten Fokus auf das Fangen richtet, muss feststellen, dass die Würfe dadurch schlechter werden und sich gleichzeitig das Fangen schwieriger gestaltet. Mit dem Resultat, dass die Würfe noch schlechter werden.  Auf diese Weise setzt sich eine Abwärtsspirale in Gang, aus der man nicht mehr herauskommt, und die Bälle werden ratzfatz auf dem Boden liegen.

So, und an was erinnert uns das?  Wir sehen erstaunliche Parallelen zum Leben und zur Arbeit. Die meiste Zeit sind wir alle im Fangmodus unterwegs: Fang schnell das, was da gerade kommt. Huch, ein Feuer, bitte schnell löschen. Oh, ein Meeting, da muss ich schnell hin. Wir reagieren. Der Fokus ist immer auf den Ball gerichtet, der auf den Boden zu fallen droht, also das, was am dringendsten ist oder am lautesten schreit.

Was das Jonglieren in dieser Hinsicht lehrt: Der herausfordernde Part ist nicht das Reagieren (Fangen). Sondern das Agieren (Werfen). Wenn ihr wollt, dass es läuft, müsst ihr die Initiative ergreifen. Und zwar mit Ruhe und strategischer Weitsicht, damit ihr so handelt, wie ihr das selbst wollt – und nicht so, wie es die Macht des Faktischen diktiert.

Im Ergebnis müsst ihr euch dramatisch weniger Gedanken um das Fangen machen – das wird viel automatischer passieren. Ihr gewinnt Zeit, verfallt weniger in Hektik und außerdem fallen weniger Bälle auf den Boden, das heißt, ihr seid erfolgreicher.

Werfen ist wichtiger als Fangen – und Agieren ist wichtiger als Reagieren.

Lektion Nummer 2: Bälle, die auf den Boden fallen, sind Teil des Spiels
Es gibt ein großartiges Buch, um das Jonglieren zu lernen. Der Titel: Juggling for the Complete Klutz. Das Überraschende gleich zu Beginn: Die Autoren beginnen nicht damit, zu erklären, wie man zwei oder drei Bälle in die Luft wirft und wieder auffängt. Die erste Lektion in diesem Buch lautet: Drei Bälle in die Luft werfen und … fallen lassen. Und dann nochmal … fallen lassen. Und nochmal und nochmal … fallen lassen.

Die Idee dahinter ist ebenso verblüffend wie bestechend: Der Jonglieranfänger will die Bälle in der Luft halten, hat also Angst, dass sie herunterfallen. Diese Angst zehrt einen großen Anteil der vorhandenen Aufmerksamkeit und Energie auf, die dann nicht für das Lernen zur Verfügung steht. Angst vor Misserfolg lähmt Erfolg. Das Gegenmittel: Gewöhne dich erstmal an das Herunterfallen, bis du es nicht mehr als Misserfolg empfindest! Und ohne die Angst zu versagen, wird das Jonglieren dann sehr viel einfacher.

Auch hier geht es gar nicht nur ums Jonglieren. Lasst uns mal über Innovation und Experimente sprechen!

Innovation, Experimente und keine Gelinggarantie
Zu experimentieren, also Neues zu entdecken oder zu gestalten, indem ihr es ausprobiert, funktioniert nicht mit der Gelinggarantie in sieben Schritten zum sicheren Erfolg. Es ist Teil des Innovationsspiels, dass immer mal ein Ball runterfällt.

Aber anstatt zu verstehen, dass das schlichtweg dazugehört und eher Begleiterscheinung des Erfolgs ist als Anzeichen für Misserfolg, versucht man in vielen Unternehmen genau das um jeden Preis zu vermeiden. Man konzentriert alle Kraft darauf, die Zahl der Flops zu verringern. Doch damit kommt auch der Innovationsprozess zum Erliegen. Alles Innovative ist mit Fehlschlägen verbunden. Jede einzelne Erfindung, die die Menschheit jemals hervorgebracht hat, ist vorher durch zig Phasen des Nichtfunktionierens gegangen. Die vielen gescheiterten Projekte sind die notwendige Voraussetzung für den einen Erfolg. Ihr müsst eben viele Ideen ausprobieren, damit eine funktioniert.

Wer aber die Zahl der Fehlschläge reduzieren will, der kann das ja letztlich nur dadurch, dass er die Zahl der Experimente reduziert, also die Innovationsdynamik einschränkt. Gerade das ist nicht besonders intelligent.

Ein Unternehmen ohne Misserfolge ist kreativ tot!
Alberto Alessi, Gründer der gleichnamigen Designfabrik, sagt dazu: „Wir bei Alessi sind stolz auf unsere Flops. Wenn wir mal zwei oder drei Jahre keine Niederlage erleben sollten, bedeutet das nichts anderes, als dass wir uns in höchster Gefahr befinden. Ein Unternehmen ohne Misserfolge ist kreativ tot!“

Wer nicht loslässt, lässt nichts fallen, aber wer nicht loslässt, kann auch nicht jonglieren lernen.
Ihr wolltet nie in den Zirkus? Wir sind doch alle mittendrin.  

Text:
Herbert Wackenhut

Quellen:
Dr. Peter Kreuz, XING, 28.05.2019 DIESE ZWEI LEKTIONEN LEHRT JONGLIEREN UNS FÜRS LEBEN

Hintergrund RegioINNO:
Das Projekt RegioINNO Nordschwarzwald ist ein prämiertes Projekt des Förderaufrufes „Regionales Innovationsmanagement“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Mit RegioINNO wird die zielgeführte Vernetzung der Innovationsakteure unterstützt und die Erarbeitung einer regionalen Innovationsstrategie vorangetrieben. Durch die Bündelung von Synergien und die aktive Einbindung aller Beteiligten soll die Zusammenarbeit zwischen der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft intensiviert werden.

Unterstützt aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg

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