Mehr als 140 Teilnehmende aus Wirtschaft, Politik, Forschung und Lehre kamen zusammen, um gemeinsam über die drängenden Herausforderungen und Chancen der wirtschaftlichen Veränderung zu sprechen.
Mit einer pointierten Analyse zur wirtschaftlichen Lage eröffnete Helmut Riegger die Veranstaltung: „Im Nordschwarzwald haben wir doppelt so viele Kurzarbeiter wie im restlichen Baden-Württemberg“, warnte der Landrat des Landkreises Calw und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG). Die WFG betreut federführend das Projekt TraFoNetz. Die Region könne es sich nicht leisten, 30.000 Arbeitsplätze zu verlieren, so Riegger: „Wir müssen den Wandel mit aller Kraft aktiv gestalten.“
Der Transformationskongress, organisiert vom Transformationsnetzwerk (TraFoNetz) Nordschwarzwald, verzeichnete eine beeindruckenden Resonanz, wie WFG-Geschäftsführer Jochen Protzer anmerkte: „Der Zuspruch von Delegierten aus mehr als 80 Unternehmen der Region ist eine wunderbare Bestätigung unserer Arbeit im TraFoNetz-Team.“
Matthias Künzel von der VDI/VDE-IT forderte ein konsequentes Umdenken in den Unternehmen. „Ohne klare Konzepte wird die Transformation nicht wirtschaftlich erfolgreich sein“, betonte er.
Zukunftsforscher Kai Gondlach sprach über die Mobilität von morgen. Seine These: „Volkswagen & Co. bauen künftig Züge.“ Fahrzeuge mit Batterien und Brennstoffzellen werden dominieren, während Diesel, Benzin und E-Fuels ins Abseits geraten. Gondlach plädierte zudem dafür, neue Verkehrslösungen mutig zu denken – möglicherweise durch schienen- oder netzgebundene Einheiten. 2030 sieht er mindestens einen deutschen Autobauer in der Insolvenz. Aber allen, die sich auf die Transformation einstellen könnten, bieten sich Gondlach zufolge „wahnsinnig viele Chancen“. Er fügte hinzu: „Wenn man eines schon vorhersagen kann, dann, dass diese Deindustrialisierung eigentlich auch eine Reindustrialisierung ist“.
Dialog und Austausch als Herzstück
In der Talkrunde „Wie kann Transformation gelingen?“, moderiert von Jochen Protzer, diskutierten Linda Werab (Spedition Eitel, Nagold), Markus Fiedler (FiMAB, Neubulach), Ralf Kühnle (Boysen, Altensteig), Christoph Nolte (Dekra, Stuttgart), Prof. Kai Alexander Salzsieder (Hochschule Pforzheim) und Tim Wolf (Koch Pac-Systeme, Pfalzgrafenweiler). Sie brachten ihre spezifischen Perspektiven und Strategien aus ihrer Unternehmenspraxis ein.
Parallel boten vier Foren mit vielfältigen Themen spannende Einblicke und praxisorientierte Ansätze. Das Forum-Thema Innovation und Unternehmensstrategie, moderiert von Prof. Bernhard Kölmel (Hochschule Pforzheim), erzielte mit dem Impuls des geschäftsführenden Gesellschafters der Witzenmann-Gruppe, Philip Paschen, großes Interesse. Sein Vortragstitel: „Witzenmann 2030 – Strategien für die technologische, digitale und kulturelle Transformation.“ Beim strategischen Blick nach vorne gelte es laut Paschen, dennoch das Altgeschäft so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und den besten Zeitpunkt für den Absprung zu suchen.
Ebenfalls gut besucht waren die weiteren Foren wie „Fachkräftesicherung und Auslandsrekrutierung“ mit Moderatorin Annette Hanfstein und Referentin Martina Lehmann (beide Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim), „Weiterbildung und Qualifizierung“ mit Dirk Werner (IW Köln), moderiert von Stefan Baron (AgenturQ, Stuttgart) sowie „Fördermittel und Antragstellung“, mit Stefan Hammes (IHK Nordschwarzwald) und Christoph Ullrich (Atrineo AG, Karlsruhe).
Perspektiven aus Wissenschaft und Politik
Im zweiten Kongressteil setzten weitere Experten inspirierende Akzente. Olaf Sauer vom Fraunhofer Institut Karlsruhe sprach über die Chancen digitaler Wertschöpfungsketten für kleine und mittlere Unternehmen. Staatssekretärin Franziska Brantner (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) schaltete sich per Videobotschaft aus Berlin zu. Trotz der politischen Turbulenzen nach dem Aus der Ampelkoalition zeigte sich die neu gewählte Co-Vorsitzende der Grünen optimistisch: „Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald bleibt ein Leuchtturm für zukunftsweisende Entwicklungen.“
Eine Plattform für Lösungen
Der Transformationskongress 2024 erwies sich nach einer ersten Blitzumfrage unter den Teilnehmenden als wertvolle Plattform für den Dialog zwischen den Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Hervorgehoben wurden die hochkarätige Besetzung und die praxisnahen Diskussionen. Sie hätten verdeutlicht, dass die Transformation nicht nur eine Herausforderung, sondern vor allem eine Chance sein könne. Im Fazit der Umfrage nahmen die Kongressgäste eine klare Botschaft mit: „Wandel erfordert Mut, strategisches Denken und eine offene Haltung.“
Transformation braucht Mittelstand
Resolution des Transformationsnetzwerks (TraFoNetz) Nordschwarzwald legt den Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen im Nordschwarzwald
In seiner Funktion als Vorsitzender des Transformationsbeirats im Transformationsnetzwerk (TraFoNetz) Nordschwarzwald hat Prof. Dr. Bernhard Kölmel (Hochschule Pforzheim) eine Resolution initiiert, die den Fokus von Politik und Öffentlichkeit stärker auf die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Automotive-Zulieferindustrie lenken soll.
Kölmel betonte in seiner Vorstellung des Resolutionsentwurfs beim Transformationskongress 2024 in Pforzheim, dass die großen Automobilhersteller (OEM) weiterhin Gewinne einfahren würden, wenngleich deutlich geringere, während zahlreiche Zulieferer – insbesondere im Nordschwarzwald – aufgrund ausbleibender Abrufzahlen vor erheblichen finanziellen Herausforderungen stünden.
Mit der demnächst offiziell veröffentlichten Resolution wollen die Unterzeichner insbesondere die politischen Entscheidungsträger zu einem entschlossenen und koordinierten Handeln, zu einer regionalen Transformationsstrategie, zu finanzieller und technologischer Unterstützung der KMUs sowie zu Maßnahmen zur Fachkräftesicherung auffordern. Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der Region Nordschwarzwald mit ihren rund 30.000 Jobs im Automotivebereich zu erhalten und die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Automobilindustrie durch Diversifizierung zu verringern.
Zur vollständigen Medien-Mitteilung hier.
Quelle: Gerd Lache