Künstliche Reinheit

Quelle: Adobe Stock

Richtig angewendet, sind Plastikverpackungen ökologischer als ihr Ruf. Als Schutz für Verderbliches mit geringem Gewicht bieten Kunststoffe täglich einen großen Nutzen, den man kaum mehr wahrnimmt.

Diese Kunststoffe zu recyceln funktioniert bislang schlecht. Dazu müssen die Kunststoffe sortenrein nach PET, PE, oder PP sortiert werden. Die meisten Folien setzen sich aus mehreren Kunststoffen zusammen und enthalten Weichmacher oder Stabilisatoren. Mit gängigen Sortiersystemen lassen sich die Bestandteile kaum trennen. In der Folge wird Plastikmüll, selbst wenn er in gelben Säcken landet, zur Hälfte verbrannt. Neue Verpackungen bestehen nur mit rund zehn Prozent aus recyceltem Kunststoff.
Zukünftig wird für Kunststoffverpackungen in Deutschland eine Recyclingquote von 63 Prozent ihres Gewichts gefordert. Es sind deutliche technische Fortschritte nötig, wenn diese gesetzliche Vorgabe im Jahr 2022 erreicht werden soll. In Europa werden derzeit lediglich 6% des Kunststoffverbrauchs durch Rezyklate gedeckt. Viele Kunststoffe finden ihren Weg in die Umwelt und letztlich in die Ozeane. Daher fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Forschungsarbeiten im Förderschwerpunkt „Plastik in der Umwelt“.
Um hochwertige Rezyklate herzustellen, legte die Hochschule Pforzheim den Fokus auf ein Forschungsprojekt namens MaReK. Keine slawische Form eines Kriegers, sondern die Bezeichnung für „markerbasiertes Sortier- und Recyclingsystem für Kunststoffverpackungen“.
Die Idee dahinter: In Abstimmung mit den Händlern werden definierte Verpackungen, je nachdem, welches Stoffgemisch sie enthalten, entsprechend markiert. So kann die Sortieranlage später die einzelnen Verpackungen sortenrein trennen. In Kombination mit der Tracer-Based Sorting (TBS-Sortiertechnik), entwickelt vom Projektpartner Polysecure GmbH, soll es möglich werden, Kunststoffverpackungen gezielt in hochwertige sortenreine Fraktionen zu separieren, um ein qualitativ höherwertiges Recycling zu ermöglichen.
Darauf basierend wird im Projekt MaReK die Entwicklung und Erprobung einer Kombination aus Verpackungskennzeichnung und eines darauf abgestimmten Sortierverfahrens verfolgt. Dabei werden der Kunststoffverpackung oder dem Etikett bereits bei der Herstellung fluoreszierende Markerpartikel beigemischt. Der Marker ist unter natürlichen Umständen für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar, sondern wird nur bei speziell definierter Anregung im Infrarotbereich sichtbar. In der Verwertung können dann mit einer speziell auf die Marker abgestimmten TBS-Sortiermaschine markierte Artikel aus dem Abfallstrom identifiziert und abgetrennt werden. So können hochwertige, sortenreine oder sogar typenreine Stoffe für die Verwertung aussortiert werden. Damit leistet die TBS-Technologie einen erheblichen Beitrag zur Ausweitung des werkstofflichen Recyclings.

An dem Projekt arbeiten neben dem Institut für Industrial Ecology (INEC) der Hochschule Pforzheim (HS PF) die drei Unternehmen Polysecure GmbH, Werner & Mertz GmbH, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH sowie das Institut für Mikrostrukturtechnologie des KIT mit. Das Projektkonsortium untersucht einen auf Fluoreszenz-Markern basierenden Ansatz zur Erkennung von Kunststoffverpackungen. Der Projektleiter Dr. Claus Lang-Koetz, Professor für Nachhaltiges Technologie- und Innovationsmanagement an der HS PF, ist überwältigt von der Resonanz eines ersten Workshops mit  40 internationalen Vertretern von Industrieunternehmen, Markenherstellern und Forschungseinrichtungen.
Da es sich beim Tracer-Based Sorting um eine komplexe Innovation handelt, die wertschöpfungskettenübergreifend erhebliche Auswirkungen haben wird, ist es wichtig, schon in einer frühen Phase der Innovation die Einflussgruppen miteinzubeziehen.

Der amerikanische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Ernst Hemingway sprach einmal: „Die Welt ist schön und wert, dass man um sie kämpft, ich verlasse sie nur ungern“.
MaReK ist zwar keine Bezeichnung eines Kriegers, doch sicherlich ein Fortschritt im Kampf gegen Plastikmüll und CO2. Unterstützen wir es!     

Text:
Herbert Wackenhut

Quellen:
News HS PF 09.10.2019 Neuartiges Verfahren für das Kunststoffrecycling präsentiert
Brandeins 08/19 Mit Feenstaub markiert  

Hintergrund RegioINNO:
Das Projekt RegioINNO Nordschwarzwald ist ein prämiertes Projekt des Förderaufrufes „Regionales Innovationsmanagement“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Mit RegioINNO wird die zielgeführte Vernetzung der Innovationsakteure unterstützt und die Erarbeitung einer regionalen Innovationsstrategie vorangetrieben. Durch die Bündelung von Synergien und die aktive Einbindung aller Beteiligten soll die Zusammenarbeit zwischen der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft intensiviert werden.

Unterstützt aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg

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