Mikroinnovationen

In Zeiten von Corona-, Hanta- und Rotaviren lebt auch die Mikrobe des Jahres „Myxococcus xanthus“. Diese Mikroben rotten sich zu Hunderttausenden zusammen, belagern das Opfer und vernichten es schließlich. Myxococcus xanthus ist ein in der Gruppe aktiver Jäger, der andere Bakterien als Nahrungsquelle nutzt. Dazu müssen die winzigen stäbchenförmigen Bakterien miteinander kommunizieren und ihr Verhalten koordinieren. Die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) wählte dieses faszinierende und in sozialem Verband lebende Bakterium zur Mikrobe des Jahres 2020.

Bei Nahrungsmangel lauert Myxococcus xanthus bestens geschützt auf bessere Zeiten: Unzählige Zellen finden sich gezielt zu einem kugelförmigen Haufen zusammen und bilden einen pilzähnlichen gelben Fruchtkörper. Die schlanken, stäbchenförmigen Zellen verwandeln sich in runde Sporen, die Hunger- und Trockenzeiten überdauern können. Das Bakterium verdankt Fruchtkörper und Sporen seinen Namen: Die Fruchtkörper sind gelb (griechisch: xanthos), die Sporen kugelig (coccos), und die Zellen produzieren einen Schleim (myxa), der die Gemeinschaft zusammenhält.

Die Mikrobe des Jahres weist auf die bedeutsame Rolle der Mikroorganismen für die Ökologie, Gesundheit, Ernährung und Wirtschaft hin. Ein Baukasten aus Naturstoffen für Medikamente

Die aufwändige Lebensweise führt zudem dazu, dass Myxobakterien viele biologisch aktive Stoffe bilden, darunter Antibiotika zum Abtöten ihrer Opfer und Botenstoffe zur Kommunikation. Über 130 solcher Sekundärmetabolite (Stoffe, die nicht unmittelbar dem Stoffwechsel dienen) sind mittlerweile beschrieben.

Myxobakterien werden als Quelle für neue Antibiotika und Therapeutika zunehmend interessant. Das kürzlich entdeckte Corallopyronin könnte ein neues Breitbandantibiotikum werden. Der genetische Bauplan aus einem anderen Myxobakterium wurde in das Modellbakterium M. xanthus kloniert, um ausreichende Mengen an Corallopyronin herstellen und so die Wirksamkeit genauer untersuchen zu können.

Auf dem Weg zur Medikamentenentwicklung sind bereits antibiotisch wirkende Stoffe aus dem verwandten Myxobakterium Cystobacter. Diese Cystobactamide  verhindern die korrekte Aufwicklung der bakteriellen DNA, wie sie für die Vervielfältigung nötig ist. Auch myxobakterielle Wirkstoffe gegen Krebs, Viren und im Pflanzenschutz gegen Pilzerkrankungen werden derzeit erforscht.

Text:
Herbert Wackenhut

Quellen:
2020 Februar - Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie e.V. – Mikrobe des Jahres

Hintergrund RegioINNO:
Das Projekt RegioINNO Nordschwarzwald ist ein prämiertes Projekt des Förderaufrufes „Regionales Innovationsmanagement“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Mit RegioINNO wird die zielgeführte Vernetzung der Innovationsakteure unterstützt und die Erarbeitung einer regionalen Innovationsstrategie vorangetrieben. Durch die Bündelung von Synergien und die aktive Einbindung aller Beteiligten soll die Zusammenarbeit zwischen der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft intensiviert werden.

Unterstützt aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg


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