Wasser, Mehl und Instagram

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Während viele Bäckereien in Deutschland schließen, weil sich das Geschäft nicht mehr lohnt oder kein Nachfolger zu finden ist, hat Julius Brantner aus dem Schwarzwald eine eröffnet - mit großem Erfolg. Das hat nicht nur mit seinem Brot zu tun.

Brantner ist im Schwarzwald aufgewachsen, was man sympathischerweise auch hört. Er spricht von "beschden" Zutaten, wenn er über die besten Zutaten redet. Schon der Großvater war Bäcker. Sein Vater steht noch heute in der familieneigenen Backstube. Auch Julius Brantner wusste relativ früh, dass er den gleichen Weg gehen möchte. Nach der Schule probierte er es zwar mit einem Praktikum bei der Bank. Aber den ganzen Tag im Büro zu sitzen, sei dann doch nicht so seins gewesen. "Ich brauch für eine E-Mail 'ne halbe Stunde", sagt er. Brantner ging also in die Lehre, zunächst in einer Reutlinger Biobäckerei, später im Betrieb der Eltern. Danach ging es allerdings nicht an den Backofen, sondern erst einmal in die weite Welt. Für seinen heutigen Erfolg sollte das noch eine durchaus wichtige Rolle spielen.

Mit einem Freund reiste Brantner durch verschiedene Länder, unter anderem nach Australien, wo er - eher ungeplant - in einer Bäckerei anheuerte. Denn eigentlich wollte er ja reisen. Aber es gefiel ihm, und so jobbte er auch in anderen Ländern in Bäckereien, in den USA und in Frankreich. Ein bisschen wie auf einer Bäckerwalz. Was er dabei gelernt hat? Über das Backen gar nicht mal so viel, sagt Brantner heute. Eine Sache stimme ja schon noch: Was Brothandwerk angeht, sind Deutschland, Österreich und die Schweiz ganz vorn.

Gelernt habe er aber etwas, das ebenso wichtig sei: Wie man als Bäcker seine Produkte präsentieren und vermarkten kann. Brantner formuliert es so: "In den USA oder Australien ist es normal, dass eine Bäckerei Instagram hat." Und in Deutschland? Na ja. "Wenn ich in einer deutschen Bäckerei frage, ob ich einen Flat White bekomme, gucken die mich groß an." Bei ihm bekommt man so einen Flat White - eine etwas stärkere Version des Cappuccino - auf Nachfrage.

Natürlich hat der Erfolg von Brantner nicht nur damit zu tun, dass er guten Kaffee hat und auf sozialen Netzwerken aktiv ist. Es geht schon auch ums Brot. Bis zu 48 Stunden ruht sein Teig vor dem Backen. Er lässt dem Teig die nötige Zeit, die Zutaten kommen aus der Region. Aber so etwas wie Instagram ist für Julius Brantner ebenfalls eine wichtige Zutat. Regelmäßig postet seine Bäckerei ein Brot oder die Semmel des Tages. Es kommt auch vor, dass Sternerestaurants, die ihr Brot bei ihm kaufen, seine Produkte öffentlichkeitswirksam auf Instagram loben. Anfang des Jahres postete sogar der Moderator Kai Pflaume eine kleine Liebeserklärung an das Brantner-Brot. Hashtag: "werbungausüberzeugung".

So etwas zieht heute Kunden an. Gutes Brot backen und trotzdem Zeit und Geld in Präsentation und Vermarktung stecken: Es ist durchaus eine Marktlücke, die Julius Brantner da gefunden hat. Es gibt ja durchaus viele andere Bäckereien in Deutschland, die so backen, dass es "wie früher" schmeckt. Die auf beschleunigende Enzyme im Teig und auf Aufbackware verzichten und stattdessen auf ihre handwerklichen Fähigkeiten vertrauen, auch wenn das teurer und aufwendiger ist. Allerdings schaffen es viele dieser Bäckereien nicht, ihre Ware erfolgreich zu vermarkten und damit im Zweifel auch: zu überleben. Brantner gelingt das bislang ziemlich gut.

 

Text:
Herbert Wackenhut

Quellen:
27.05.2020 Jan Schmidbauer Süddeutsche Zeitung – Bäckerhandwerk1

 

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