Neue Chancen, neue Fachkräfte: Änderungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz

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Am 18.08.2023 wurden die neuen gesetzlichen Regelungen zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung verkündet. Erste Regelungen traten bereits im November 2023 in Kraft, andere zum 1. März 2024 bzw. 1. Juni 2024. Die Fachkräfteeinwanderung soll dadurch auf drei Säulen gestellt werden. Zu der bereits bestehenden Fachkräftesäule, sollen auch die Erfahrungssäule und die Potentialsäule hinzukommen, um dadurch weitere Möglichkeiten der Einreise für Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) zu schaffen.

I. Fachkräftesäule

1. Fachkräfteeinwanderung für Fachkräfte mit anerkanntem Berufsabschluss

Ein zentrales Prinzip der Fachkräfteeinwanderung bleibt weiterhin, dass Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten und leben möchten, ihren Berufsabschluss aus dem Ausland anerkennen lassen können. Seit dem 18. November 2023 kann man bei einer als voll gleichwertig anerkannten Berufsqualifikation in jedem nicht-reglementierten Beruf arbeiten und nicht mehr ausschließlich in dem Beruf, in dem der formale Abschluss erworben wurde.

2. Blaue Karte EU für Akademiker*innen

Auch für Fachkräfte mit akademischen Qualifikationen gibt es Erleichterungen. Mit der neuen Blauen Karte EU (Inkrafttreten zum 18. November 2023) gelten niedrigere Einkommensgrenzen. Diese wurde auf 50 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung (Betrag für das Jahr 2024: 45.300 €) gesenkt, für Berufsanfänger und Mangelberufe sogar auf 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung (Betrag für das Jahr 2024: 41.041,80 €). Auch äquivalente tertiäre Abschlüsse wie Meister, Techniker, Fachwirte können die Blaue Karte EU nun beantragen. Ebenso berufserfahrene Personen, auch ohne formale Anerkennung, aus dem IKT-Bereich (Informations- u. Kommunikationstechnik), wenn sie über mindestens 3 Jahre einschlägige Berufserfahrung in den letzten 7 Jahren verfügen. Zusätzlich wurde die Liste der Engpassberufe (Mangelberufe) erweitert und der Arbeitgeberwechsel und der Familiennachzug vereinfacht.

II. Erfahrungssäule

1.Einwanderung für Personen mit noch nicht anerkanntem Berufsabschluss

Ab dem 1. März 2024 können internationale Fachkräfte das Verfahren zur Anerkennung ihres Abschlusses auch erst in Deutschland durchführen. Bisher musste es vor der Einreise vom Ausland aus beantragt und durchlaufen werden. Das Unternehmen und der Mitarbeitende schließen dazu eine Vereinbarung, die sogenannte „Anerkennungspartnerschaft“. Damit verpflichten sie sich, das Anerkennungsverfahren zeitnah nach Einreise anzustoßen und durchzuführen und eine möglicherweise nötige Anpassungsqualifizierung zu absolvieren, d.h. die volle Gleichwertigkeit des Abschlusses soll erreicht werden.

2. Einreise mit nicht formal anerkanntem Abschluss und praktischer Berufserfahrung

Die neuen Regelungen sehen zum 01. März 2024 nun erstmals eine Lockerung vom Prinzip der obligatorischen Berufsanerkennung vor: Mit einem im Ausland staatlich anerkannten Abschluss (mindestens zweijährige Berufsausbildung) und mindestens zwei Jahren Berufserfahrung ist eine Einreise auch ohne Berufsanerkennung möglich. Die Berufserfahrung muss zu der in Deutschland angestrebten Beschäftigung befähigen und es ist ein Mindestgehalt von 45% der Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung (Betrag im Jahr 2024: € 40.770) vorgeschrieben. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden und vergütet er die ausländische Arbeitskraft nach Tarif, gilt die Mindestgehaltsgrenze nicht. Der Arbeitgeber kann selbst entscheiden, welche (formalen) Deutschkenntnisse für eine zu besetzende Position als ausreichend angesehen werden.

III. Potentialsäule

Einreise zur Arbeitsplatzsuche

Ab dem 1. Juni 2024 werden die Möglichkeiten zur Einreise nach Deutschland durch die sogenannte Chancenkarte erweitert, welche einen Aufenthaltstitel für 1 Jahr zur Arbeitsplatzsuche ermöglicht. Die Chancenkarte funktioniert auf Basis eines Punktesystems. Punkte gibt es nach festen Auswahlkriterien, u.a. Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Für den Erhalt der Chancenkarte müssen mindestens sechs Punkte erreicht werden. Zudem muss die Fachkraft einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Abschluss (mind. 2-jährig) oder ein AHK-Zertifikat besitzen, sowie Deutschkenntnisse A1 oder Englischkenntnisse B2 haben und der Lebensunterhalt muss gesichert sein. 

IV. Weitere Regelungen

Einreisemöglichkeiten für Personen ohne formale Berufsqualifikationen

Ab dem 01. März 2024 wird für Personen aus dem Ausland, die eine Ausbildung in Deutschland machen möchten, das Maximalalter für die Ausbildungsplatzsuche von 25 Jahren auf 35 Jahre angehoben.

Zudem wird zum 01. Juni 2024 die Westbalkanregelung entfristet und das jährliche Kontingent der Visa, die an Staatsangehörige der Westbalkanstaaten vergeben werden können, auf 50.000 erhöht. Diese Regelung ermöglicht es Unternehmen, Arbeitskräfte aus dem Westbalkan anzustellen, unabhängig von ihrer formalen Qualifikation.

Sogenannter „Spurwechsel“ für Asylbewerber*innen in Deutschland

Asylbewerber*innen, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind, einen Arbeitsplatz bzw. ein Arbeitsplatzangebot haben und die entsprechenden Qualifikationen besitzen, können ihr Asylverfahren durch Antragsrücknahme beenden und eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen. Dieser „Spurwechsel“ zwischen Asylaufenthalt zum Beschäftigungsaufenthalt ist möglich, ohne zuvor auszureisen und ein Visumverfahren durchlaufen zu haben.

Michaela Thoma
Beraterin Welcome Center Nordschwarzwald

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