Trinkgeld, nein danke!

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Seit Mitte Mai dürfen Restaurants und Lokale wieder Gäste bewirten. Wenn auch unter bestimmten Hygiene-Vorschriften. Tische mit Abstand zu einander ohne Salz und Pfeffer oder anderen Dingen, die ein vorheriger Gast möglicherweise berührt haben kann. Nach der wochenlangen Durststrecke strahlten die Gastronomen bei meinen ersten Besuchen dennoch viel positive Energie aus.

Bei einem Mittagstisch stand auf der Tafel „Faschingsverlängerung – Zutritt nur für Maskierte“. Darunter eine venezianisch anmutende Karnevalsmaske gemalt. Um die Wirte zu unterstützen, initiierten meine Kollegen vom Digital Hub Nordschwarzwald eine digitale Aktion, um die Gäste und deren Kontaktdaten clever und unkompliziert zu erfassen.

Um den wirtschaftlichen Erfolg insbesondere eines Gastronomiebetriebs mit mehreren Mitarbeitern wieder zu erreichen, gilt es, dass Wirte und Mitarbeiter den Unternehmenserfolg als ihr gemeinsames Anliegen verstehen. Hierzu bin ich auf ein spannendes Experiment gestoßen.

Den Restaurantbesitzer Jay Porter aus San Diego in Kalifornien störte es massiv, dass sich seine Servicemitarbeiter darum stritten, die besten Tische und die besten Schichten zu bekommen, um möglichst viel Trinkgeld kassieren zu können. Gleichzeitig beschwerten sich die Mitarbeiter in der Küche darüber, dass sie keinen fairen Anteil an den Trinkgeldern abbekämen. Das ganze Team bestand aus Einzelkämpfern, aus Konkurrenten, die versuchten, sich gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen. Wer einmal in einem Restaurant oder in einer Kneipe gearbeitet hat, dem sind diese Themen vermutlich allzu vertraut: Same old story.

Jay Porter fragte sich, ob das leidige Thema Trinkgeld dem Erfolg seiner Restaurants nicht abträglich sei. Die Frage war, ob der Leistungsanreiz, für gutes Trinkgeld gute Arbeit zu leisten, überwog. Oder ob die Nachteile, vor allem das Gegeneinander im Team, die Vorteile nicht zunichtemachten. Zumal er beobachtete, dass die Höhe des Trinkgelds bei vielen Gästen überhaupt nichts mit der Servicequalität zu tun hatte.

Also startete er ein Experiment.

In einem seiner Restaurants schaffte er das individuelle Trinkgeld ab. Er bat seine Mitarbeiter, jedes Trinkgeld zurückzuweisen. Stattdessen berechnete er jedem Gast einen festen Prozentsatz der Endsumme als zusätzliche Servicepauschale, deren Summe am Ende des Monats unter sämtlichen Mitarbeitern bis hin zu den Tellerwäschern zu gleichen Teilen aufgeteilt wurde.

Es war ein durchschlagender Erfolg!

Das trinkgeldlose Restaurant hängte Porters anderes Restaurant in San Diego in jeder Hinsicht deutlich ab: Mehr Teamgeist, mehr Arbeitsfreude, weniger Fluktuation, höhere Gesamtqualität aller Leistungen, mehr Zufriedenheit bei den Gästen, mehr wirtschaftlicher Erfolg.

 

Text:
Herbert Wackenhut

Quellen:
Förster & Kreuz Blogeintrag Führung > Warum wir wettbewerbsfreie Zonen brauchen

 

Hintergrund RegioINNO:
Das Projekt RegioINNO Nordschwarzwald ist ein prämiertes Projekt des Förderaufrufes „Regionales Innovationsmanagement“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Mit RegioINNO wird die zielgeführte Vernetzung der Innovationsakteure unterstützt und die Erarbeitung einer regionalen Innovationsstrategie vorangetrieben. Durch die Bündelung von Synergien und die aktive Einbindung aller Beteiligten soll die Zusammenarbeit zwischen der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft intensiviert werden.

Unterstützt aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg

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